23rd Mrz, 2010

Man muss mit (Anti-)Faschisten reden

Gestern wohnte ich der Besprechung des Duisburger Bündnisses „Rechtes Märchenland verhindern“ im Cafe Zentral in Duisburg bei.

Es ging dort um die Planung der Gegendemo zu NPD und Pro NRW, die unter anderem vor der Moschee in Marxloh am Wochenende demonstrieren wollen.
Nach der Schilderung des Ablaufes regte der Veranstaltungsleiter eine Diskussion an: „Sollte berechtigte Kritik am Islamismus auch auf der Demo geäußert werden dürfen?“

Eine durchaus berechtigte Frage. Religiösen Extremismus zu kritisieren ist ja kein falscher Ansatz. Ich wandte ein, dass man das doch nun wirklich von der Gemeinde abhängig machen müsste. Sitzen in der Marxloher Moschee Hardliner oder Liberale? Das wäre die Frage – dachte ich – die es zu beantworten gilt. Ich wurde jedoch eines Besseren belehrt.

Ich habe gestern erstmalig verstanden, welchem Weltbild zumindest einige der dort anwesenden Antifaschisten folgen. Und es hat mich erschüttert.
Kernessenz ihrer gesellschaftlichen Vision ist die „Emanzipation des Individuums“, das meint die Verwirklichung der individuellen Freiheit. Alles, was dieser Verwirklichung im Wege steht – und das sind Herrschaftsstrukturen im Allgemeinen – gehört abgeschafft und beseitigt.
Und dazu zählte laut den Wortführern, die gleichsam meine Opponenten in der Diskussion waren, auch die Religion.

„Ich dachte, wir demonstrieren für Religionsfreiheit“ wandte ich ein. Entsetzen machte sich breit in den Gesichtern, die mir gegenüber saßen. Religion sei ein Korsett, in das man schon durch die Erziehung hineingesteckt würde, und das auch darüber hinaus Herrschaft, Zwang und Gewalt ausüben würde und deshalb beseitigt werden müsste.

Mein Einwand, dass das ja von der Auslegung der Religion abhinge und man sich ein moralisches Urteil über einen religiösen Menschen ja nur anhand seiner Taten bilden könnte, wurde nicht akzeptiert. Eine Differenzierung sei hier nicht angebracht, letztendlich verhindere ja jeder Religiöse die Emanzipation des Menschen, da Religionen beispielsweise grundsätzlich die Homosexualität ablehnen würden und somit homophob wären.
Auch mein Kommentar, dass man Homosexualität als Gläubiger ja durchaus ablehnen kann, wenn man nicht andere in der Ausübung ihrer Sexualität behindert, wurde nicht gelten gelassen. Der Leitsatz „Keine Toleranz gegenüber Intoleranz“ wurde mir mit auf den Weg gegeben.

Wenn alle verschiedenen Menschen auf dieser Welt nach dieser Maxime leben und handeln würden, so hätten wir allen Grund uns gegenseitig ständig den Schädel einzuschlagen. Der Kategorische Imperativ von Kant ist das diametrale Gegenteil dieser Geisteshaltung. Insofern glaube ich nicht, dass die, die am gestrigen Abend den Namen des Philosophen aus Königsberg in den Mund genommen haben, wirklich wissen, was es mit seinen Überlegungen auf sich hat.

Was dann der Grund sei, warum man dort überhaupt gegen NPD und Pro NRW demonstrieren wolle? Rassismus – den gelte es zu bekämpfen, da Rassismus auch ein Phänomen sei, das emanzipatorischen Fortschritt behindern würde.

An der Stelle frage ich mich ernsthaft, wenn dem ein oder anderen „Antifaschisten“ möglicherweise die emanzipatorische Hose näher als das Hemd ist, wieso läuft er dann nicht beim Demozug von Pro NRW mit? Nun gut, die Rechten lehnen Religion nicht in Gänze ab, aber zumindest die Abschaffung des Islam in Deutschland liegt ihnen mindestens genauso am Herzen. Eine Schnittmenge mit den Nazis ist also auf jeden Fall gegeben.
Nun möchte ich nicht – so wie es mir immer wieder zu Unrecht passiert – so gemein sein und nur aufgrund einer Schnittmenge mit einem Nazi jemanden als Faschist bezeichnen. Egal wie groß die Schnittmenge auch sein mag, sie macht noch keinen Faschisten. Sie rauchen die gleichen Zigaretten, trinken das gleiche Bier und essen am Bahnhof in Duisburg manchmal bei Burger King einen Cheeseburger: Sei’s drum.

Was an dieser Schnittmenge jedoch anders ist: Sie hat faschistischen Charakters durch und durch.
Jemand anderem verbieten zu wollen, seine Religion auszuleben, obwohl er damit niemanden schädigt, ist faschistisch. Ist dieser „Emanzipatorismus“ (wie ich ihn scherzhaft nenne) nicht letztendlich das Gleiche wie eine Religion? Diese Menschen sind von dem Glauben beseelt, dass ihre Weltanschauung die Menschen glücklicher macht. Frei nach dem Motto: An meinem Wesen soll die Welt genesen.
Doch was ist, wenn sie irren? Kann man diese Möglichkeit ausschließen? Eine andere Gruppe sagt, nach dem Koran zu leben ist die beste Lebensweise. Andere verweisen auf deutsche bürgerliche Traditionen und den Erhalt der Familie. Wer hat nun Recht?

Ob ich meine Weltanschauung nun von Marx, Mohammed oder Paulus ableite. Gut oder schlecht sind nicht die Bücher, die dahinter stecken, sondern das, was der Einzelne oder eine Gruppe dadurch bewirkt.
Religion zu verbieten hingegen, kommt einer Bücherverbrennung gleich, einer Gedankenpolizei wie es sie in George Orwells „1984“ gibt. Es ist ein Diktat, das man anderen überstülpen möchte, um sie angeblich zu befreien. Doch das ist absolut faschistisch.
Bilder aus dem antifaschistischen Comic „V For Vendetta“ kommen mir in den Sinn, wo ein Fernsehmoderator hingerichtet wird, weil er heimlich einen Koran besitzt.

Noch kürzlich sprach ich darüber, mit wem ich bereit wäre, Gespräche zu führen. Ich würde mich sicherlich mit Ethno-Pluralisten unterhalten, Hitlerianisten hingegen würde ich ob ihrer Menschenverachtung die kalte Schulter zeigen. Ich habe versucht, das runterzubrechen und bin zu dem Punkt gekommen:
Ich rede grundsätzlich mit jedem (was nicht heißt, dass ich auch seiner Meinung bin) aber nicht mit Faschisten.

Diese Aussage muss ich revidieren. Man muss mit Faschisten reden. Das ist der einzige Weg, ihnen die Vernunft und vor allem das viel zu selten benutzte Herz wieder nahe zu bringen.
Würde ich mich nämlich noch an diesen Grundsatz halten, so hätte ich gestern im Kreis meiner linken Genossen kaum den Mund aufmachen dürfen.

Zur Verteidigung des Bündnisses muss ich sagen, dass auch einige wirklich helle liberale Köpfe dabei gewesen sind, die nicht so darauf erpicht waren, ihre Weltanschauung anderen überstülpen zu wollen.
Und immerhin bin ich froh, dass auch die „Emanzipatoristen“ am Samstag und Sonntag in Duisburg auf der richtigen Seite stehen werden.

Responses

Oh Wojna!
Balsam für mein zefetztes,wildes Piratenherz…
Das Wort ist „Ambigutätstoleranz“.Seit geraumer Zeit arbeite ich hart an mir es zu realisieren.Alleine mein Temperament hindert mich zum Punkt zu kommen.Wenn ich es nicht schaffe,dann kann ich sie auch nicht einfordern.Aber sie ist der Schlüssel zum Subsidiaritätsprinzip.Meine Theorie:
Findet das Individuum den Weg seine Ambiguitätstoleranz zu schulen-egal wodurch-dann ergibt sich ein lebendiges Gefüge für die Gemeinschaft-Subsidiarität und damit eine solide Grundlage für unser Überleben.
Ich habe keine Ahnung wie…

Mensch Mensch Wojna,
einigermaßen konfus, was Du schreibst, finde ich.
Aber eines stimmt: Der Nationalsozialismus der NPD, das Schariah-Regime des Islam und der Antifa-Linksextremismus sind allesamt totalitäre Ideologien, die jede »individuelle Freiheit« negieren.
Da tun sich braune, rote und religiöse Sozialisten nichts. Wenn Du es schaffst, denen im Gespräch mit Dir »ihr Herz näher zu bringen«, kann Dir Obama seinen Friedensnobelpreis rüberreichen.
Ich habe da aber so meine Zweifel…

Interessant, wie vehement man sich weigern kann, die einfachsten Argumentationsketten zu verstehen:

Religionsfreiheit ist immer mindestens genauso eine Freiheit zur Religion, wie eine Freiheit von Religion.

Denn völlig egal welcher Auslegung welchen Buches auch immer man folgt, immer wandelt ein Dritter dieses Buch in Handlungsanweisungen um, die nicht zu hinterfragen sind, weil sie nun mal (angeblich) in dem Buch stehen. Und das ist heilig.

Im Gegensatz dazu beruht die Vernunft auf der eigenen (!) Interpretation verschiedener (!) Bücher. Denn nur wer selbst nachdenkt, kann verhindern von seinen Anführern unterdrückt oder benutzt zu werden.

Wer also die selbstverschuldete Unmündigkeit des Menschen beenden will, muss gegen den Aberglauben vorgehen, ein einziges Buch, sei es nun die Sharia oder das StGB, könnten eine detaillierte Handlungsanweisung für das private und gesellschaftliche Leben vorgeben.

Dadurch entsteht Religionsfreiheit. Denn jeder Angriff auf eine autoritäre Institution ist für jede in ihr Gefangene Person ein entscheidender Schritt zur Befreiung. An wirklich harmlosen religiösen Vereinigungen sollten derartige Angriffe abprallen.

Es sei denn, der Angriff selbst ist autoritär. „Abendland in Crhistenhand“ drückt einen Herrschaftsanspruch über Europa aus. Der politische Zweck, Europa zu beherrschen bedient sich also nur religiöser Scheinargumente, die der Emanzipation des Menschen entgegenstehen.

Deshalb hat man dir wiedersprochen, deshalb gehen wir nicht auf die PRO demo und deshalb lebe der freie Verband unabhängiger Individuen!

Für die Anarchie!

Hallo Wojna,

apropos Nazis: Du solltest mal deine Link-Liste überprüfen: auf „Mein Parteibuch“ kannst du eine Beschreibung der ebenfalls von dir verlinkten website „Infokrieg.tv“ lesen: http://www.mein-parteibuch.com/wiki/Infokrieg.tv

Nach der Lektüre könnte es sein, dass du „Infokrieg.tv“ von deiner Linkliste entfernst.

Gut gemeinte Grüße!

Man muss jedoch sehen, das zur Religion nicht nur Christentum oder Islam zu zählen sind. Religion ist allgemeiner zu betrachten, nämlich als eine persönliche Weltanschauung. Ob sie auf der Bibel, dem Koran oder der Thora basiert, oder auf Worten irgendeines anderen Werkes spielt keine Rolle.

Fakt ist, das die Menschen überzeugt von der Sache sind, an die sie glauben. Man darf also niemandem eine andere Sicht der Dinge aufzwingen, die nicht seine eigene ist. Auch wenn man selber denkt, dass man ihm damit einen Gefallen tut. Denn man muss sich immer bewusst sein, das jene Dinge, an die man glaubt und auf die man sich beruft, auf einen anderen absurd wirken können. Da andere Menschen immer andere Hintergründe und einen anderen Kenntnisstand als man selbst besitzen, muss man in Diskussion kommen. Das kann aber nur geschehen, wenn beide so tolerant sind, dem anderen nicht seine Religion aufdrücken zu wollen.

Deswegen ist es falsch zu sagen, Religion gehört verboten. Das würde bedeuten, man darf überhaupt nichts mehr glauben. Da der Glaube, Religion gehöre verboten aber auch nur der Weltanschauung einzelner entspricht, daher als Religion bezeichnet werden könnte, ist auch dieser Glaube verboten.

Man kann den Menschen nicht verbieten zu glauben. Das ist das was ihn ausmacht. Ohne Glaube wären wir wie unsere Computer. Denn keine Religion ist auch nur eine Religion. Zwar ohne Gott, aber genauso ohne Toleranz anderen gegenüber und mit dem selben Wahrheitsanspruch wie andere Religionen.

Das ist zumindest mein „Glaube“.

Danke Wojna für sein Statement
Gruß

was ich dazu sage:
Die Freiheit des Einen endet da, wo die Freiheit des Anderen anfängt.

@Mops on March 24th, 2010
at 17:06
„das Schariah-Regime des Islam“
what the fuck?

Wojna’s Beitrag verwirrt dich warscheinlich im Herzen! 😉

eine Religion ist doch niemals eine Diktatur!
jeder Gläubige kann für sich entscheiden inwieweit er den „Vorschriften“ nachkommt!
Er muss es mit sich und seinem Gewissen, oder auch seinem Herzen, vereinbaren!
Das TalibanRegime ist radikal(innenpolitisch, gesellschaftlich usw. – gewiss nicht außenpolitisch), handelt jedoch nicht islamisch-konform!

lg

Hallo M.

Auch wenn dieser Beitrag oben schon etwas älter ist, so bleibt er doch wohl immer top aktuell?!?!

Als Teil eines Netzwerkes, welches versucht, durch verbreiten von wichtigen Informationen, umfangreich, neutral und detailliert den Menschen um uns zu berichten, was tatsächlich so auf der Welt passiert, um sie dann zum „selber-denken“ anzuregen (idealerweise um dann auch zum handeln?!) – möchte ich hier mal meine Erfahrungen und m.Meinung kurz kundtun:

Auch in Berlin werden Menschen „angefeindet“ weil sie zu „freiheitsliebend“, zu „anders“ und zu „unangepasst“ sind. Man wirft uns vor, dass wir uns verstellen, etwas verheimlichen oder ähnliches… Man will uns nicht verstehen und sucht nach „kritischen Eckpunkten“ – nur sind es meist „Ãœbertreibungen“, zusammenhanglose Unterstellungen – eben pure Diffamierungen.

Dabei gehen wir so offen mit unseren Beweggründen und Ideen um – es kann jede/r nachlesen – Wen es denn auch tatsächlich interessiert…(Wir über uns!)

Ich kapier die Menschen nicht – egal aus welchem „Lager“, „Schubladen“ mit „irgendeinem gefärbten Hintergrund“? Warum hören diese Leute „sich so gerne selbst reden“, wollen IHRE Ansichten auf andere Menschen projizieren, versperren sich einem offenen Dialog und drohen, wenn sie keine Argumente mehr haben, dann immer mit Gewalt?

Das ist „verrückt“ – oder?

Hier mal Beispiele, wie ich damit umgehe:

http://ein-besorgter-mensch.blogspot.com/2010/03/die-gedanken-sind-frei-text-altes.html

und als zweites Beispiel:

http://ein-besorgter-mensch.blogspot.com/2010/02/der-begriff-freiheit-ist-universal-und.html

Einfach mal lesen… Danke.

An M – mach(t) weiter so, wir werden immer mehr, es entwickelt sich etwas – die Leute fangen endlich in der breiten Masse an, selbst zu hinterfragen, selbst zu denken und dann auch selbst Verantwortung zu übernehmen…
Es passiert etwas gerade, aktuell – hier verändert sich etwas… Zum Positiven.

greetz Marcel, Ein-Besorgter-Mensch 😉

„eine Religion ist doch niemals eine Diktatur! jeder Gläubige kann für sich entscheiden inwieweit er den “Vorschriften” nachkommt! Er muss es mit sich und seinem Gewissen, oder auch seinem Herzen, vereinbaren!“

Jede dieser Aussagen ist offenkundlich falsch.
Was macht eine Religiöse Person zu einer solchen? Das sie an etwas glaubt und zwar an etwas, das über den einzelnen Menschen steht (dass kann dann auch die „historische Aufgabe des Proletariats“ sein, der sich die einzelnen Proleten unterzuordnen haben). Jemand der an den Yeti oder an Nessi glaubt, wird nicht als religös bezeichnet, eben weil diese Wesen nicht über dem Menschen stehen.
Halten wir also fest: eine Religiöse Peron glaube an eine über den Menschen stehende Instanz.
Wenn es aber so ist, dass die angebetete Instanz über den Menschen steht, sind ihre Anweisungen von einer Verbindlichkeit, an denen die einzelnen Menschen nicht rütteln können. Deswegen streiten sich Religöse auch nicht über den Sinn eines göttlichen Gebots, sondern über dessen Auslegung: also darüber, wie verbindlich das Gebot sei, und wie genau es zu verstehen ist (noch die historische Debatte, ob Gott das sagt, was er sagt, weil es vernünftig ist, oder aber das Vernünftige vernünftig ist, weil Gott es sagt, kann der Zustand das göttliche und das vernünftige unterschiedliche Dinge sind, nicht denken).
Wenn man sich über Verbindlichkeit und Inhalt einig ist, dann ist man sich auch darüber einig, dass es auf eine bestimmte Weise ausgeführt werden muss. Unabhängig davon, ob es den Leuten individuell gefällt, denn das Gefallen der einzelnen Menschen steht in der Verbindlichkeit unter dem Willen einer höheren Instanz (Darin ist die Aufklärung auch die Erbin der Religiösität, denn sie trennt Gott und die Vernunft und setzt jene an die Stelle des Alten.).
Die gesamte Beschäftigung mit religiösen Texten war deswegen bis Baruch de Spinoza davon geprägt, dass sie reine Auslegung war. Erst der Pantheist Spinoza, der annahm das Gott als alles umfassendde Substanz weder Willen noch Intelligenz habe und Gott eben nicht mehr als über dem Menschen stehendes Wesen annahm (und in dieser Hinsicht zwar noch einen Gottesbegriff hat, aber kein Religöser mehr ist), hat die Bibelkritik begründet, die Vorstellung, das die Frage nicht nur sei, was heilige Texte (damals halt die Bibel) sagen, sondern zusätzlich geprüft werden müsse, ob diese Aussagen auch vernünftig sind. Der Mensch wird hier zum Richter über die Vernünftigkeit und setzt sich an die Stelle, an der sich bis dahin Gott befand. Die Religösen können diesen Schritt eben nicht mitgehen, für sie muss Gott der Richter über diese Fragen bleiben (Gott und die Vernunft lassen sich bei ihnen nicht trennen), insofern entscheiden zwar heute die Menschen, dank der Religionsfreiheit, darüber, ob sie religiösen Geboten folgen, wer diesen jedoch folgt, kann nicht darüber entscheiden, „inwieweit“ er ihnen nachkommt.
Deswegen können nicht-religiöse zwar die Religion von Religösen tolerieren (weil sie für sie nur eine private Vorstellung dieser Menschen ist), Religöse können, in Konsequenz ,aber Andersgläubige oder Nicht-Religöse jedoch nicht tolerieren. Sie tolerieren sie zwar faktisch, aber nur weil sie müssen. Aus ihrer Religion herraus nähmlich, können sie andere Religionen oder aber Nicht-Religösität, nicht als private Angelegenheit fassen, sondern müssen sie als Irrtum der Anderen annehmen. Wenn es einen Gott oder ähnliches gibt, und daran glauben Reliösen nunmal, dann müssen jene die an einen anderen Gott oder an gar keinen glauben, sich irren. Da die von den Religiösen angebete ausserhalb ihrer Köpfe existiert und über den Menschen steht, müssen diese die Position vertreten, das die anderen Personen sich a) irren (so) und b) die Gebote der höheren Instanz auch für diese Menschen gelten. Denn wenn die höhere Instanz existiert und Gebote gibt, gelten die für alle Menschen, über denen sie steht. Religion ist deswegen immer Diktatur, nähmlich das Diktat einer höhren Instanz, dem die ihr untergeordneten Menschen zu folgen haben.

„Keine Toleranz gegenüber Intoleranz” wurde mir mit auf den Weg gegeben.
(…) Der Kategorische Imperativ von Kant ist das diametrale Gegenteil dieser Geisteshaltung. Insofern glaube ich nicht, dass die, die am gestrigen Abend den Namen des Philosophen aus Königsberg in den Mund genommen haben, wirklich wissen, was es mit seinen Ãœberlegungen auf sich hat.“

Der Unsinn besteht hier darin, das Kant gar keine Toleranz gepredigt hat. Kant ist Universalist, der von allgemein gültigen Vernunftsprinzipien ausgeht, die jeder zu befolgen hat und mit denen man nicht herum spielen kann (in diesem Sinne tritt ihm die Vernunft an die Stelle Gottes) wie man will und lustig ist.
Wäre Kant denn für Toleranz gewesen und diese mit seinem kategorischen Imperativ vereinbar (stehts so zu Handeln, das die Maxime des eigenen Willens, zur Grundlage eines allgemeinen Gesetztes werden könne) wäre „keine toleranz der intolerant“ sogar konsequent.
Um nicht vorschnell zu sein, sollte man aber erstmal festhalten, das die Toleranz nicht mit dem kategorischen Imperativ vereinbar ist. Dieser zielt auf Universalismus: also darauf, dass die Maxime des eigenen !Willens!, allgemeingültig sein soll. Da Kant, aus Gründen die ich hier aus Platzgründen gar nicht weiter ausführen will, eine Pflichtethik vertrat, die nicht das Handeln, sondern bloß den Willen zur Prüfung dafür, ob eine Handlung gut ist, heranzieht, legt er hier soviel Wert auf den Willen. An der Stelle ist er mit einer Ringparabel ala Lessings Nathan dem Weisen so auch nicht vereinbar: für Kant kommt es eben gar nicht auf die Handlung, sondern bloß auf den Willen an. Er kann nicht sagen: mal sehn was am Ende rauskommt, dann wissen wir ja ob das alles gut war. Dementsprechend ist Toleranz mit ihm gar nicht zu machen, es gibt vernünftige Maximen und diese sind durch den Gebrauch der Vernunft einsichtig, wer etwas anderes denkt oder vertritt, vertritt oder denkt falsches und man brauch gar nicht abwarten, ob dabei was gutes rauskommt.
Wenn man dieses Problem aber nun ignoirert, dann müsste beim kategorischen Imperativ, sehr wohl die intoleranz gegen über der intoleranz herauskommen. So wie man einem Dieb, das abnehmen muss, was er anderen abgenommen hat, den entführer, der anderen unrechtmäßig ihrer freiheit beraubte, der freiheit berauben usw. wenn sie sich an den kategorischen imperativ nicht halten (nähmlich stehlen, entführen usw.).
Insofern scheint keiner der beiden Parteien zu wissen, was Kant eigentlich so gequatscht hat, wolnjas überlegenes Gehabe, das auch noch infomiert tut („den Namen des Philosophen aus Königsberg“) entpuppt sich als falscher Zauber.

Mal sehen ob das nun unter Meinungsfreiheit oder unter Zensur fällt.

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